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Drachenläufer: Roman, by Khaled Hosseini
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Über den Autor und weitere Mitwirkende
Khaled Hosseini wurde 1965 in Kabul, Afghanistan, als Sohn eines Diplomaten geboren. Seine Mutter unterrichtete Persisch und Geschichte. Die Familie verließ Afghanistan 1976, als Khaleds Vater eine Stelle an der Afghanischen Botschaft in Paris bekam. 1980 emigrierte die Familie in die Vereinigten Staaten. Hosseini studierte Medizin in San Diego und arbeitete anschließend als Internist. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Kalifornien. »Drachenläufer« ist sein erster Roman, er ist inzwischen in über 40 Ländern erschienen, war in den USA monatelang Bestseller Nr. 1 und hat sich weltweit bereits über 9 Millionen Mal verkauft. 2007 erschien sein zweiter Roman »Tausend strahlende Sonnen«.
Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.
41933, in dem Jahr, als Baba geboren wurde — das gleiche Jahr, in dem Zahir Shah seine vierzigjährige Herrschaft über Afghanistan antrat —, setzten sich zwei Brüder, junge Männer aus einer reichen und angesehenen Kabuler Familie, ans Steuer des Ford Roadster ihres Vaters. Mit Haschisch bekifft und mast mit französischem Wein, überfuhren sie auf der Straße nach Paghman einen Mann und seine Frau, die vom Volk der Hazara stammten, und töteten sie. Die Polizei brachte die ein wenig zerknirschten jungen Män¬ner und den fünfjährigen Sohn des Ehepaars — nun ein Waisen¬kind — vor meinen Großvater, der ein hoch angesehener Richter war und einen untadeligen Ruf genoss. Nachdem er sich die Dar¬stellung der Brüder und die flehentlichen Worte ihres Vaters an¬gehört hatte, befahl mein Großvater den beiden jungen Männern, sofort nach Kandahar zu gehen und sich für ein Jahr zur Armee zu melden — obwohl es ihre Familie irgendwie geschafft hatte, sie von der Einberufung befreien zu lassen. Ihr Vater widersprach, aber nicht allzu heftig, und am Ende stimmten alle darin über¬ein, dass die Strafe vielleicht hart, aber gerecht war. Und was das Waisenkind anging, so nahm mein Großvater es in seinen Haus¬halt auf und wies die Dienstboten an, den Jungen zu erziehen und nett zu ihm zu sein. Dieser Junge war Ali.Ali und Baba wuchsen zusammen auf, und sie spielten auch zusammen — zumindest so lange, bis die Polioinfektion Alis Bein verkrüppelte —, genau wie Hassan und ich es eine Generation spä¬ter taten. Baha erzählte uns immer von dem Unfug, den Ali und er angestellt hatten, und dann schüttelte Ali den Kopf und sagte:»Aber Aga Sahib, sagt ihnen doch, wer der Baumeister des Unfugs gewesen ist und wer der arme Arbeiter.« Und dann lachte Baba und schloss Ali in die Arme.Aber in keiner seiner Geschichten sprach Baba jemals von Ali als seinem Freund.Das Seltsame war, dass auch ich Hassan und mich nie als Freunde betrachtete. Zumindest nicht im gewöhnlichen Sinne. Auch wenn wir beide einander beibrachten, freihändig Fahrrad zu fahren oder eine voll funktionsfähige Kamera aus Pappkarton zu bauen. Auch wenn wir ganze Winter damit zubrachten, Dra¬chen steigen zu lassen. Auch wenn für mich das Gesicht Afgha¬nistans das eines Jungen mit einer zartgliedrigen Gestalt, einem rasierten Kopf und tief sitzenden Ohren ist, eines Jungen, dessen chinesisches Puppengesicht ständig von einem Hasenscharten- Lächeln erhellt wird.All das spielte keine Rolle. Denn es ist nicht so leicht, die Geschichte zu überwinden. Und auch nicht die Religion. Am Ende war ich ein Paschtune und er ein Hazara, ich war Sunnit und er Schiit, und nichts würde das jemals ändern. Nichts.Aber wir waren Kinder, die zusammen laufen gelernt hatten, und auch dies würde sich weder durch die Geschichte noch durch ethnische Unterschiede, Gesellschaft oder Religion jemals ändern. Ich verbrachte den größten Teil meiner ersten zwölf Jahre beim Spiel mit Hassan. Manchmal kommt mir meine ganze Kindheit wie ein einziger träger Sommertag mit Hassan vor, an dem wir zwi¬schen dem Gewirr von Bäumen im Garten meines Vaters Fangen und Verstecken, Räuber und Polizist, Cowboy und Indianer spiel¬ten und Insekten quälten — wobei die Krönung unzweifelhaft das eine Mal war, als wir einer Biene den Stachel herauszogen und dem armen Ding eine Schnur umbanden, an der wir es zurück- rissen, wenn es davonfliegen wollte.Wir jagten hinter den Kochi her, den Nomaden, die auf ihrem Weg zu den Bergen im Norden durch Kabul zogen. Wir hörten es, wenn sich ihre Karawanen unserem Viertel näherten, hör¬ten das Blöken ihrer Schafe, das Meckern ihrer Ziegen, das Läu¬ten der Glöckchen an den Hälsen der Kamele. Dann rannten wir nach draußen, um zu beobachten, wie die Karawane durch unsere Straße zockelte — Männer mit staubigen, wettergegerbten Gesich¬tern und Frauen in langen, bunten Tüchern, mit Perlen und Silber¬reifen um Hand- und Fußgelenke. Wir bewarfen ihre Ziegen mit Kieselsteinen. Wir spritzten Wasser auf ihre Maultiere. Ich brachte Hassan dazu, sich auf die Mauer des kränkelnden Maises zu set¬zen und mit seiner Schleuder Kieselsteine auf die Hinterteile der Kamele abzuschießen.Wir sahen unseren ersten Western — Rio Bravo mit John Wayne — zusammen im Park-Kino, das gegenüber von meinem Lieblings¬buchladen lag. Ich weiß noch, wie ich Baba gebeten habe, uns mit in den Iran zu nehmen, damit wir John Wayne kennen lernen konnten. Baba brach in wahre Salven seines kehligen Lachens aus — ein Geräusch, das dem Aufheulen eines Lastwagenmotors nicht unähnlich war — und erklärte uns, als er wieder sprechen konnte, den Begriff des Synchronisierens. Hassan und ich waren fassungslos. Benommen. John Wayne sprach in Wirklichkeit gar kein Farsi, und er war auch kein Iraner! Er war Amerikaner, ge¬nau wie die freundlichen, faulen, langhaarigen Männer und Frauen in ihren zerlumpten bunten T-Shirts, die wir immer in Kabul he¬rumlungern sahen. Wir schauten uns Rio Bravo dreimal an und unseren Lieblingswestern, Die glorreichen Sieben, dreizehnmal. Bei jeder Vorstellung weinten wir am Schluss, wenn die mexikani¬schen Kinder Charles Bronson beerdigen — der, wie sich heraus¬stellte, auch kein Iraner war.Wir spazierten durch die muffig riechenden Basare des Shar-e¬Nau-Bezirks — der Neustadt von Kabul —, westlich des Wazir-Akbar-Khan-Viertels gelegen. Wir redeten über die Filme, die wir gerade gesehen hatten, und schlenderten durch das geschäftige Treiben der bazaris. Wir schlängelten uns zwischen den Lasten¬trägern, Bettlern und Handkarren hindurch, wanderten schmale Gassen entlang, die voll gestopft waren mit langen Reihen win¬ziger, dicht bepackter Stände. Jeder von uns erhielt von Baba jede Woche ein Taschengeld von zehn Afghani, das wir für warme Coca-Cola und mit gehackten Pistazien bestreutes Rosenwasser- Eis ausgaben.(…)
Produktinformation
Leseprobe Jetzt reinlesen Materialien für Lesekreise [PDF]
Taschenbuch: 376 Seiten
Verlag: Berliner Taschenbuch Verlag (November 2008)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 383330149X
ISBN-13: 978-3833301490
Größe und/oder Gewicht:
12,1 x 2,7 x 18,8 cm
Durchschnittliche Kundenbewertung:
4.7 von 5 Sternen
597 Kundenrezensionen
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Das war mein zweites Buch dieses Autors, nach "tausend strahlende Sonnen", irgendwie kann man die beiden Bücher nicht wirklich vergleichen, denn einmal geht es um die Welt der Frauen in Afghanistan und bei "Drachenläufer" geht es um zwei Buben bzw. später zwei Männer, deren Erlebnisse ebenso schlimm und berührend sind, aber eben ganz anders verlaufen.Aufgrund der bescheidenen Aufmachung des Buches hätte ich mir den Roman vermutlich gar nicht gekauft, hätte ich nicht davon schon etwas von diesem Autor gelesen. Die ersten beiden Romane gibt es im Übrigen in einem Gesamttaschenbuch, aber auch das habe ich leider erst zu spät bemerkt.Für mich ist "Drachenläufer" eines der besten Bücher, welche ich in meinem langen Leseleben lesen durfte.Dieser Roman ist keine einfache Urlaubselktüre, wie hier in einer Bewertung zu lesen ist, ganz im Gegenteil.Anfänglich wird das Leben in Kabul vor der Besatzung durch die Russen geschildert, das ist sozusagen der Aufbau zum späteren Drama und ein Drama ist es in der Tat.Bei diesem Roman kamen mir oft die Tränen, es ist einfach unfasslich was in diesem Roman alles passiert, nicht nur Krieg, Tot und Gewalt an sich, sondern auch seelisches Leid, Leid durch Unwissenheit, falsche Entscheidungen und vor allem Leid durch eine große Lüge oder vielmehr dadurch, dass die Wahrheit erst viel zu spät ans Licht kommt.Der Roman umfasst also das Drama einer Familie und zusätzlich dazu kommen die Kriegswirren in Afghanistan, welche tausende Menschen zur Flucht oder einem Leben der Unterdrückung und Gewalt im eigenen Land verurteilen.Wer sich für das Thema interessiert, wissen möchte was in diesem Land wirklich geschehen ist, wie die Menschen dort gelebt haben oder nun leben und wer anspruchsvolle Literatur bevorzugt, der kann an diesem Buch kaum vorbeigehen.Für mich persönlich bleibt noch übrig, sehr viel über diesen Roman und dieses Land nachzudenken und den dritten Roman des Autors gleichfalls zu lesen.
Ein Buch, das man lange nicht vergisst. Mir ging es unter die Haut und als eingefleischter Leser, musste ich in manchen Situationen wirklich um Fassung bringen, da man im Westeuropäischen Bereich nicht wirklich einschätzen kann, wie es in anderen Ländern aussieht. Geschichte mit Kindern gehen sowieso immer unter die Haut, gerade wenn sie in unsere Gesellschaft benachteiligt werden und eigentlich keine Chance auf eine gute Zukunft haben. Gewaltiges Ende und wunderschöner Nachgeschmack.
Es ist sehr bewegend, fesselnd, faszinierend, aufregend, verwirrend und erschreckend realistisch. Unvorstellbar, wir die so behütet geboren sind und aufwachsen (der eine mehr, der andere weniger), was in anderen Kulturen üblich ist und mit Kindern geschieht.Ich habe mir "Tausend strahlende Sonnen" gekauft und eine iranische Kollegin empfahl mir auch dieses Hörbuch!
Afghanistan in den 1970er Jahren. Amir, Sohn eines wohlhabenden und allseits beliebten Geschäftsmannes, wächst gemeinsam mit Hassan, dem Sohn des Dieners seines Vaters auf. Beide verbindet eine besondere Freundschaft. Bis zu einem schicksalshaften Tag, der Amirs gesamtes weiteres Leben prägen wird.Afghanistan. In der Fläche fast doppelt so groß wie Deutschland. Und doch weiß man so wenig über dieses Land. Anfangend mit dem 11. September 2001, bis hin zur 2015 beginnenden „Flüchtlingskrise“ trat Afghanistan vermehrt in den Fokus der westlichen Medien.Im heutigen Diskussionsgewirr um Familiennachzug, Bleiberecht und Abschiebungen, bleibt das Schicksal des einzelnen Menschen auf der Strecke. Wie bist du aufgewachsen, was hast du erlebt, wo ist deine Familie? Es scheint keine Rolle zu spielen. Dies scheint auch für das Schicksal ganz Afghanistans zu gelten.Mittlerweile ist es in unserer Medienlandschaft wieder ruhig um dieses ferne Land geworden. Gelegentlich vernimmt man achselzuckend Anschlagsmeldungen aus Kabul in den Nachrichten, nur um sie spätestens bei Bekanntgabe der Lottozahlen oder dem artig vorgetragenen Wetterbericht bereits wieder vergessen zu haben.Dass ich Afghanistan und die Afghanen selbst, ein kleines bisschen besser verstehe, dazu hat dieses Buch besser als jeder Zeitungsartikel und jede Reportage beigetragen.Khaled Hosseini, selbst gebürtiger Afghane, hat es geschafft, mir das tausende Kilometer entfernte Land und die dort lebenden Menschen ein bisschen näher zu bringen. Das Schöne dabei ist jedoch, es ist kein zähes Sachbuch, in dem mir Fakten, Karten und Zahlen präsentiert werden. Es ist ein Roman, der ganz beiläufig ein für mich bislang ungekanntes Interesse an diesem Land, seinen Bewohnern und seiner Historie weckt.Hosseini schafft das, weil er eine unglaublich fesselnde Geschichte entspinnt, die an unterschiedlichen Orten, zu unterschiedlichen Zeiten spielt, gespickt mit interessanten Figuren, die man lieben und manchmal hassen lernt.Kapitel die einem beinahe Tränen in die Augen treiben, wechseln geschickt mit Momenten der Spannung, des Glücks und der Freude ab. Es ist ein sehr emotionaler Roman. Hosseini verwendet hierbei einen gut verständlichen, runden, jedoch keinesfalls anspruchslosen Sprachstil, sodass das Lesen sehr gut von der Hand geht.Auch wenn Hosseini sich in vielen Passagen richtigerweise die Zeit lässt, die Charaktere zu entwickeln und die Geschichte nach und nach voranzutreiben, erschienen mir Mittelteil und Schluss phasenweise sehr zügig erzählt, sodass sich die dort geschilderten Ereignisse nahezu überschlugen und die aus der ersten Hälfte gewohnt harmonisch vorgetragene Geschichte plötzlich ein wenig hektisch daherkam. Der ein oder andere „Zufall“, das ein oder andere Ereignis, scheint dann doch etwas zu konstruiert.Zudem lässt der Roman wenig Grautöne zu. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Taliban, insbesondere dargestellt, in Persona eines bestimmten Charakters, findet nahezu nicht statt. Für die dargestellten Handlungen hat Hosseini eine einfache Erklärung: „Es sind halt Sadisten!“Muss ein Roman objektiv darstellend sein, steht gar ein gewisser Bildungsauftrag an erster Stelle? Nein, ganz sicher nicht. Gerade weil „Drachenläufer“ aus der Sicht des erwachsenen Amir geschrieben ist, darf der Roman subjektiv, ideologisch eingefärbt, inkohärent sein. Gerade das macht die Geschichte zu einem großen Teil aus.Im Bezug auf die Taliban-Bewegung, die insbesondere die jüngere Geschichte Afghanistans geprägt hat, wäre eine gewisse Differenzierung interessant, sicherlich aber auch umstritten, gewesen.Diese Kritikpunkte möchte ich jedoch nicht überdramatisieren. Es sind Überlegungen die ich mir nach Lesen des Buches gemacht habe. Das zeigt vor allem auch eins. Das Buch bleibt im Kopf! Nicht jedem Schriftsteller gelingt das.Mut, Freundschaft, Familie, Krieg, Tod und Liebe. Ich habe nicht viele Bücher gelesen, die so viele Themen derart elegant miteinander vereinen. Es gibt nur wenige Romane die mich ähnlich begeistert haben wie dieser. Weniger als 5 Sterne kann und will ich somit nicht geben. Fazit: Absolut lesenswert!
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